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AutorenbildJulia

Sportswashing - Weiße Weste durch Sport?

Aktualisiert: 21. Nov. 2022

Der Begriff „Sportswashing“ taucht aktuell immer öfter in den Medien auf. Was Sportswashing bedeutet, welche Herausforderungen damit einhergehen und was dagegen getan werden kann, erfährst du in diesem Artikel.



Sport nimmt in unserer Gesellschaft einen wichtigen Stellenwert ein. Als bedeutender Inhalt unserer Alltagskultur kann er nicht nur Einfluss auf die öffentliche Gesundheit und das persönliche Wohlbefinden haben. Er kann Werte wie Fairplay und Toleranz transportieren, unterhalten, das Zugehörigkeitsgefühl fördern, und einfach Spaß machen. Dennoch läuft nicht alles rund: Auch die Herausforderungen im und durch Sport dürfen nicht übersehen werden.


Immer häufiger fällt im Zusammenhang mit aktuellen Sportgroßevents der Begriff „Sportswashing“. Wenngleich der Begriff relativ jung ist, ist die Praktik dagegen keinesfalls neu - Sport wird als Instrument für Macht und Einfluss missbraucht.



Was ist Sportswashing?


Der Begriff „Sportswashing“ setzt sich aus den beiden englischen Wörtern „sports“ (eben Sport) und der Metapher „Whitewashing“ (ursprünglich "eine Oberfläche weiß machen"), die so viel bedeuten kann, wie etwas schönzureden und in ein besseres Licht zu stellen.


Sport steht grundsätzlich Werte wie für Fairplay, Toleranz, Teamgeist. Beim Sportswashing soll Sport mit seinen konnotierten Werten - veräußerlicht z.B. in Form von Sportveranstaltungen oder mittels Kaufen von Sportvereinen - den Ruf eines Landes oder Personen verbessern und über vorliegende Missstände (Diskriminierung, Missachtung von Menschenrechten usw.) hinwegtäuschen. Die Aufmerksamkeit wird strategisch von moralischen Verletzungen abgelenkt - und diese werden einfach „weggewaschen“. Sport wird somit als Instrument verwendet, um ein vermeintlich weltoffenes Image trotz prekärer Hintergründe nach außen aufzubauen.


Nach vermehrter Präsenz in Kampagnen von NGOs und Medienberichten nahm 2018 das Oxford-Wörterbuch offiziell den Begriff Sportswashing auf – nicht zuletzt aufgrund der in den letzten Jahren stattgefundenen Sportgroßevents, um deren Abhaltung sich Autokraten bemüht und im Rahmen derer als prominente Mitglieder der Sportfamilie dargestellt hatten.



Sportswashing ist jedoch keine neue Praktik der letzten Jahre, wie die untenstehende Grafik nach Chen und Doran 2022 zeigt:




Beispiele von Sportswashing in der Geschichte (Chen und Doran, 2022: 3)



Wie mit Sportswashing umgehen?


Natürlich wäre es schön zu glauben, dass im Sport alles glatt und nach den konnotierten Werten läuft. In der Praxis sieht es leider oftmals nicht danach aus. Doch wie können Beteiligte wie Sportfans und Sportler*innen damit umgehen und darauf reagieren?


Beteiligte, wie Fans, die ihre Lieblingsmannschaft um den WM-Titel kämpfen sehen wollen, tragen natürlich per se nicht automatisch die Schuld, wenn Korruption und Missachtungen der Menschenrechte geschehen. Allerdings sind sie dafür verantwortlich, wie sie auf diese Praktiken und Sportswashing reagieren und damit umgehen – sprich, ob das Sportswashing mitgetragen oder verhindert wird.


Im Fall von Sportswashing gibt es nach Fruh et al. 2022 grundsätzlich zwei Strategien, um Sportswashing entgegenzutreten:


In der ersten Strategie können Fans ihre Mannschaft oder einen bestimmten Wettbewerb boykottieren. Spieler*innen können sich weigern, für bestimmte Clubs zu spielen oder an Wettkämpfen teilzunehmen. Allerdings ist es gerade für Sportler*innen keine leichte Entscheidung, einen Wettkampf, auf welchen jahrelange (wenn nicht lebenslang) hingearbeitet wurde, einfach aufzugeben. Und auch Fans fällt es nicht leicht, ihrem Team den Rücken zuzukehren.

Die zweite Strategie zielt daher darauf ab, eben nicht zu boykottieren, sondern bewusst teilzunehmen, aber dafür Stellung zu beziehen und so eine Transformation voranzutreiben (vgl. Black-Power-Proteste, Pride-Flaggen, Sprüche zu den Menschenrechten uvm.).


Wenn keine der beiden Strategien in Frage kommt, empfehlen Fruh et al., sich weiterhin darüber auszutauschen und offen für weitere mögliche Gelegenheiten zu bleiben, um Sportswashing im eigenen Handlungsbereich Widerstand zu bieten.


Wir finden, dass ein offener, ehrlicher Dialog, ein kritisches Auge und die Anerkennung der Menschenrechte als universell, unveräußerlich und unteilbar eine wichtige Basis darstellen.



Kanntest du den Begriff Sportswashing? Und wie stehst du zur WM in Katar?





Quellen:



 

Über die Autorin:


Julia Wlasak ist Vollblut-Sportlerin. Sie blickt auf umfassende Erfahrung im Schul- und Hochschulbereich zurück und wundert sich, warum Sport so wenig Aufmerksamkeit im Nachhaltigkeits- und BNE-Kontext bekommt. Deswegen gründete sie im Dezember 2019 move4sustainability.

 




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